Wahrscheinlich ist es vermessen solche Wünsche auszusprechen während Menschen an den Folgen von Covid 19 sterben, Einzelhändler insolvent gehen und Homeoffice-Eltern am Rande des Nervenzusammenbruchs sind.
Asche auf mein Haupt. Aber mein Bewegungsdrang nach rhythmischen Klängen leidet. Ja und ich brauche auch andere, die nach rockigen Klängen mit mir zusammen rumflippen, ausgelassen mitsingen und die Musik genießen. Meine Küche als Tanzarena bringt es einfach nicht und ist auch nicht förderlich für das gute Verhältnis zu meiner Nachbarin, denn Musik zum Tanzen muss laut sein. Und bitte keine "Videoschalte" mit meiner Freundin. Sie tanzt in ihrer Küche und ich in meiner, zwischendurch tauschen wir dann noch Rezepte aus. Never, ich habe mittlerweile genug von virtuellen Treffen, Videokonferenzen und kontaktlosem Kontakt.
Neulich, während einer Küchentanzeinlage nach Melissa Ehteridge, gleichzeitig habe ich einen italienischen Gemüseeintopf umgerührt, habe ich mir vorgestellt, wie es sich wohl anfühlt wieder auszugehen? Ich meine nicht den täglichen Antidepressiv-Spaziergang um den Block sondern am Wochenende ins Theater, in ein Konzert, in eine Bar oder in einen Club. Mit vielen Menschen, deren Gesichter ich erkenne, weil sie sich nicht mehr mit Masken verhüllen. Ob mir diese Freiheit fremd vorkommen wird?
Viele frühere Selbstverständlichkeiten unseres demokratischen Leben weiß ich heute richtig zu schätzen. Freiheit und Selbstbestimmung. Ja, ich klage auf hohem Niveau, ja und ich schäme mich auch, weil mir die Puste als Gutmensch und brave Bürgerin ausgeht. Und weil, nach den aktuellen politischen oder virologischen Orakeln, eine Besserung nicht in Sicht ist, und weil wir vor Ostern keine Sonne sehen, jedenfalls nicht wenn sie erst in 15 km Entfernung scheint.
Mein persönlicher Rettungsanker aus dem Corona-Tief ist ein Film. Kein Witz, kein ausgeklügeltes Coaching-Tool sondern ein deutscher Spielfilm über die Bombardierung Dresden im Februar 1945. Der Film "Dresden" hat mich geerdet und lässt mich über mich selbst und mein Jammern den Kopf schütteln. Der Blick auf unsere Geschichte und die Erlebnisse, die unsere Eltern und Großeltern in ihrem leben ertragen mussten, lässt unsere derzeitigen Einschränkungen banal wirken. Ich werde einfach die Zeit in meiner Küche nutzen und meine Tanzperformance optimieren ... liebe Nachbarin, hab Nachsehen ...ich will nach lauter Musik tanzen.
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Imke Kaufmann (Donnerstag, 14 Januar 2021 13:18)
Schöne Worte Sylvia :)
Deine Nachbarin (Donnerstag, 14 Januar 2021 15:15)
Liebe Silvia, dreh die Musik auf, ich tanze mit :)